Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Kabellose und kabelgebundene Sender und Empfänger der klassischen Homematic-Serie

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klassisch
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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 18.02.2018, 17:36

Die Differenzen zur Messung hat etwas Ähnlichkeit mit Eugens Marmeladenglas Solarisations - Messgerät.
bei klaren Himmel kühlt das Thermometer auf dem Dach schneller ab als das unter dem Dach . man könnte ganz grob sagen, du hast jetzt die Autoscheibe nachgebildet.

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Schattenschimmer
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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von Schattenschimmer » 18.02.2018, 19:02

Stimmt, so kann man es auch sagen! :)

Geplant war es als Sonnendetektor, die Sache mit dem Frost (und den vereisten Autoscheiben) war ein nicht geplanter Effekt.
Interessant sind alle drei Meßwerte im Vergleich, die Unterschiede können auch Nachts drastisch sein.
Ich kann mittlerweile sogar aus der Ferne ganz grob sagen wie das Wetter ist.
Funktioniert seit fast zwei Jahren zuverlässig.

Dennoch reizt die Himmelsmessung....mal einlesen....
Gerade bei Smart Home Systemen sollte die (IP-) Sicherheit immer berücksichtigt werden!

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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 18.02.2018, 19:12

Hatte mir eine solche Methode als Backup zurecht gelegt, falls sich der Melexis nicht bewähren sollte.
Einfache Temperatursensoren, z.B. die billigen "Wasserdichten" DS18B20 im (geschwärzten) Edelstahlröhrchen sind halt sehr robust. Was ich beim Melexis noch nicht so genau sagen kann. Noch ist kein ordentlicher Hagel drüber gegangen.
War für mich halt reizvoll und für die Wissenschaft kann man auch mal ein paar EUR spendieren :D
Bei einem Neubau würde ich jetzt eine robuste metallische Duchführung nehmen und ein richtiges IP67 Gehäuse nehmen.
Wenn Du I2C hast, ist das Einbinden des Melexis eine Kleinigkeit.

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-41°C ...

Beitrag von klassisch » 01.03.2018, 00:57

sky-temp-20180301.JPG
... war das kalt!

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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 17.11.2018, 21:50

Zum Einjährigen. Sieht fast aus wie im Eingangspost. Läuft noch immer mit dem ersten Sensor. Nichts undicht geworden.
Himmelstempemperatur-20181117.JPG

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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 15.09.2019, 06:48

Habe mittlerweile noch einen berechneten Bedeckungsgrad hinzugefügt (hellblaue Kurve)
Cloudage-20190915.JPG
Habe leider keine offizielle Berechnungsvorschrift dafür gefunden und deshalb eine eigene angesetzt.
Korreliert recht gut mit meinem ungeschulten, subjektiven Eindruck

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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 12.04.2020, 13:49

Der Vollständigkeit halber möchte ich meine Überlegungen und Berechnungen zur Bewölkungsformel hier offenlegen. Vielleicht kennt jemand einen "offiziellen" oder zumindest besseren Weg.

Generell gilt:
  • Wenn man mit einem IR-Thermometer von unten in eine geschlossene Wolkendecke schaut, dann mißt man näherungsweise die Taupunkttemperatur der Wolken. Dabei nimmt man neben Homogentät noch an, daß die Wolken aus Tröpfchen bestehen, als 100% relative Luftfeuchtigkeit. Die Taupunkttemperatur der Wolken ist von deren Temperatur und damit deren Höhe abhängig. Näherungsweise wird oft angenommen, daß das auch in etwa der Taupunkttemperatur am Erdboden entspricht.
  • Wenn man mit einem IR-Thermometer ohne Atmosphäre ins All schauen würde, dann würde man die kosmische Hintergrundstrahlung so um die 3 bis 4 K sehen. Die Atmosphäre dazwischen absorbiert und emittiert Strahlung. Im trockenen Fall zwar deutlich schwächer als Wasser(dampf) - und damit Wolken - aber doch immerhin merklich. Es gibt ja auch immer eine Restfeuchte in der Luft. Die Temperatur, die sich einstellt, nennt man virtuelle Himmelstemperatur. Um diese genauer zu bestimmen, müßte man die Luftschichtung über dem Standort genau kennen, also einen Ballo aufsteigen lassen, messen und über https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan-Boltzmann-Gesetz die Strahlungsleistung integrieren.
    Das ist natürlich nicht im täglichen Gebrauch machbar. Deshalb gibt es vorwiegend mathematische Modelle, die aufgrund einer Vielzahl von Messungen entstanden sind. Also die physikalischen Zusammenhänge verlieren an Bedeutung und man fittet in die Daten eine gut passende mathematische Funktion. Damit hat man aber auch eine Abhängigkeit von den Messungen, den Methoden und dem Messort. Eine schöne Zusammenfassung findet man auf researchgate in dem Preprint "Salem Algarni, Darin Nutter, PhD, PE: Survey of Sky Effective Temperature Models Applicable to Building Envelope Radiant Heat Transfer ; AT-15-029 Preprint. Sehr häufig wird i.a. auf Swinbank verwiesen, der anfangs der 60er jahre ein Formel für die virtuelle Himmelstemperatur berechnet hat. Aber in 1982 - also ca. 20 Jahre später - hat H.P. Garg lt. dem zitierten Preprint eine sehr interessante und praktische Näherung veröffentlicht: T_Sky = T_amb - 20K. Und darauf berufe ich mich im Folgenden.
Wir müssen also die Differenz aus Himmelstemperatur und Umgebnungstemperatur messen - und nicht mehr. Diese Differenz T_amb - TSky ist die Eingangsgröße in unsere Rechnung, die wir mit x bezeichnen.
Die Ausgangsgröße y ist die Bewölkung (cloudage), die sich zwischen 0 und 1 bewegt.
Wir kennen jetzt also 2 Punkte
  • Punkt 1: wolkenloser Himmel. Unserer Temperaturdifferenz x_1=20K führt zu einer cloudage y_1=0
  • Punkt 2: wolkenbedeckter Himmel: Unserer Temperaturdifferenz x_2=0K führt zu einer cloudage y_2=1
Mit der Annahme der Linearität zwischen den Punkten können wir weiter rechnen und diese beiden Punkte in die https://de.wikipedia.org/wiki/Zweipunkteform y=(y_2 - y_1)/(x_2 - x_1)*(x - x_1) + y_1 einsetzen.
Nach kurzer Umformung und Rücksubstitution erhält man

Cloudage = 1 - (T_amb - T_sky)/20

So rechne ich schon einige Zeit und die Ergebnisse sehen plausibel aus. Da alle Messungen fehlerbehaftet sind, wird der Ergebnisraum auf das Intervall zwischen 0 und 1 begrenzt.
Professionelle Stationen streben die Messung einer Halbkugel über dem Sensor an. Der Melexis hat aber einen Öffnungswinkel ca. 90°. Dadurch kommt es bei vorüberziehender Kumulusbewölkung zu stärkeren Ausschlägen, als es ein professionelles Meßgerät anzeigen würde. Betrachtet man aber die offiziellen Bewölkungsangabe des DWD für den https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/F ... lv3=101016 in 8 Stufen - also 12.5% Schritten, dann relativiert sich das schlechte Gewissen ob der vielen vereinfachenden Annahmen.
Angemerkt sei noch, daß T_amb nicht vom Melexis genommen werden sollte, sondern von einem ordentlichen Temp Sensor (BME280 oder SHT35), der im Schatten untergebracht sein muß. Da man den Melexis IR Sensor direkt auf den Himmel ausrichtet, wird er bei wolkenlosen Himmel auch direkt bestrahlt, wodurch sein eingebauter Umgebungstemp-Sensor zu hohe Werte anzeigt.

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Re: Autoscheibe vereist? - die Macht der Himmelstemperatur

Beitrag von klassisch » 21.03.2022, 11:26

kurzes Update aus gegebenem Anlass:
Nach einigen wolkigen Tagen wurde es heute richtig sonnig.
Aber meine Cloudage war bei 100%
Dachte, Sensor defekt oder ein Vogel hätte was hinterlassen.
Fast richtig. Es war der Saharastaub des "Blutregens".
Also den Sensor so anbringen, daß man auch mal zum Reinigen drankommt.

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