HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Problemlösungen und Hinweise von allgemeinem Interesse zur Haussteuerung mit HomeMatic

Moderator: Co-Administratoren

Antworten
Benutzeravatar
owagner
(verstorben)
Beiträge: 1193
Registriert: 13.05.2008, 19:49
Danksagung erhalten: 1 Mal

HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von owagner » 15.04.2015, 11:48

HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen
(V1.3 vom 6.10.2015 -- Ergänzungen und Korrekturen willkommen)

1. Was ist HM-Wired elektrisch eigentlich?

HM-Wired ist ein serieller Bus auf RS485-Basis (http://de.wikipedia.org/wiki/EIA-485). Übertragen wird im UART-Format mit 19200 bps, 8 Datenbits, Even Parity und einem Stopbit.

Kurz gesagt: Das Datenformat entspricht dem, welches bei einer üblichen seriellen Schnittstelle an PCs (RS232) verwendet wird, mit niedriger Geschwindigkeit. Elektrisch wird allerdings symmetrisch übertragen (http://de.wikipedia.org/wiki/Symmetrisc ... bertragung): Es gilt nicht -12V sind logisch 0 und +12V logisch 1, sondern die Spannungsdifferenz der beiden Adern: Ist + mehr als 200mV größer als - gilt das als logisch 1, ist - mehr als 200mV größer als + gilt das als logisch 0.

Der Vorteil ist, dass sich dadurch Störeinstreuungen, z.B. durch parallel geführte Netzleitungen, neutralisieren, da sich diese immer in beiden Leitungen wiederfinden. Vereinfacht gesagt, wenn sich 50V einstreuen, ist 50.2V immer noch größer als 50V.

Die Übertragung erfolgt im Halbduplex-Verfahren -- es gibt immer nur einen Sender, alle anderen Busteilnehmer empfangen.

Die Versorgungsspannung für die Busteilnehmer ist 24V und wird getrennt geführt, nicht über die Busleitungen. Faktisch braucht man also vier Leitungen.


2. Ist das ein Standard?

Nein. Das System nennt EQ-3 intern auch HM485. Es ist proprietär, aber eine Weiterentwicklung eines Wired-Systems namens HS485, welches ELV vor ein paar Jahren vorgestellt und sogar dokumentiert hatte.


3. Muss man eine bestimmte Bustopologie einhalten?

Nein, bei der niedrigen Geschwindigkeit ist der Bus diesbezüglich vollkommen unkritisch. Begrenzt wird das ganze eher von der gesamten Kabellänge, welche unter 500m liegen sollte.

Der Grund dafür ist, dass sich Kabel wie Kapazitäten verhalten. Wenn dann ein Teilnehmern eine Spannung auf den Bus gibt, muss er zuerst diese Kapazität aufladen, bevor dann bei den Empfängern die Schaltschwelle erreicht wird -- die Signale werden quasi verschliffen.

Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, lieber Stichleitungen zu verwenden, statt die Kabellänge durch Hin- und Rückführungen zu vergrößern.


4. Was für Kabel sollte ich verwenden?

Auch das ist relativ unkritisch. Was auch geht und inzwischen relativ günstig ist (unter ~0.50€/m), sind die grünen KNX-Busleitungen. Damit lassen sich dann auch die 24V in derselben Leitung führen.

CAT5/CAT6-Kabel gehen ebenfalls. Man sollte darauf achten, ein verdrilltes Adernpaar für "+" und "-" zu verwenden, um den Symmetrieeffekt bestmöglich zu nutzen. Aus diesem Grund ist von unverdrillten Leitungen, z.B. Telefonkabeln, zumindenstes bei größeren Leitungslängen abzuraten.


5. Was ist der ominöse Busabschlußwiderstand, wo muss der hin, wieviele brauche ich?

Die Position ist egal, und man darf nur einen pro Bus haben.

Das ist kein Busabschluswiderstand im HF-Sinne, es ist ein sogennantes Bias-Netzwerk. Im Ruhezustand ist ja keine Spannung auf dem Bus, da alle Teilnehmer nur empfangen. Um für diesen Fall ein definiertes Potential zu haben, wird dann die "+"-Leitung mittels Widerstand auf die 24V gelegt und die "-"-Leitung mittels Widerstand auf GND. Will nun ein Teilnehmer senden, muss er dieses Potential ggf. neutralisieren. In diesem Fall fließt Strom durch den Widerstand und den Bustreiber des Teilnehmers. Hat man mehrere dieser Busabschlußwiderstände parallel am Bus, verdoppelt sich der Strom mit jedem Widerstand. Wird der Strom zu groß, greift der Kurzschlußschutz des Bustreibers und der schaltet sich einfach ab.

Da es sich nicht um einen HF-Busabschluß handelt, ist die Position egal. Sie muss keinesfalls am Ende eines Segments liegen und kann z.B. direkt neben der Spannungsversorgung in der UV eingebaut werden.


6. Brauche ich eine besondere Busspannungsversorgung?

Nein, ein normales 24V-Schaltznetzteil reicht. Geräte von Meanwell werden gerne genommen (Serie DR-xx-24). Im Gegensatz z.B. zur "Busspannungsversorgung" in der KNX-Welt hat das Netzteil bei HM-Wired keine besondere Aufgabe.


7. Kann ich mehrere Spannungsversorgungen verwenden (z.B. eine pro Unterverteilung)?

Ja, das geht. Wichtig ist: In der Regel dürfen die Ausgänge von Schaltnetzteilen nicht parallel geschaltet werden, d.h. die +24V der unterschiedlichen Geräte dürfen nicht verbunden werden. Gleichzeitig muss aber die Masse (GND) verbunden werden.


8. Wieviele Geräte können an einen Bus?

127 (verwendetete Bustreiber sind z.B. LT1785 mit 1/4tel Unit-Load)


9. Hilfe! Einige Geräte am Bus schalten nur unzuverlässig oder gar nicht!

GND nicht verbunden (siehe Punkt 7) oder der Bias-Widerstand fehlt (siehe Punkt 5)

_________________________________________________________________________

Revisionen:
1.3: Korrektur Baudrate 9600 auf 19200 (Danke @Daimler)
1.2: Korrektur Anzahl Devices
1.1: Hinweis, dass Stichleitungen einer Busverlängerung durch Hin- und Rückführung vorzuziehen sind
Zuletzt geändert von owagner am 06.10.2015, 20:46, insgesamt 3-mal geändert.

Mr.Burns
Beiträge: 73
Registriert: 18.09.2010, 14:33

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von Mr.Burns » 15.04.2015, 20:44

Danke für die Arbeit. Vieles hab ich gewusst, einiges war mir neu. Mein Bus ist klassisch aufgebaut (obwohl eq3 schreibt das dies nicht relevant sei). Frage mich deshalb immer, ob das Ende bzw. Anfang nicht besser Terminiert werden sollte, also zusätzlich zu den Pullup- und Pulldown-widerständen...

Benutzeravatar
owagner
(verstorben)
Beiträge: 1193
Registriert: 13.05.2008, 19:49
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von owagner » 16.04.2015, 10:35

Überschlagen wir mal: Bei 9600 Baud auf dem Bus haben wir ~0.1ms pro Signalflanke, sagen wir 50% maximale Anstiegzeit == 50us, Ausbreitungsgeschwindigkeit 21cm/ns. Faustregel: Einfache Laufzeit durch das Kabel maximal 1/6 der maximalen Anstiegzeit. 50us/6=8.3us, maximal mögliche Kabellänge 21cm * 1000 * 8.3 == 174300cm == 1743m. Ab dann sollte man anfangen, sich Gedanken um Reflexionen und Terminierung zu machen.

Gleichzeitig belastet aber die Terminierung den Bustreiber und senkt die maximale Leitungslänge, ab der kapazitive Effekte das Signal kaputt machen; die ist aber sowieso deutlich kleiner als der obige Wert.

Mr.Burns
Beiträge: 73
Registriert: 18.09.2010, 14:33

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von Mr.Burns » 16.04.2015, 12:42

Das klingt plausibel (wobei ich einräumen muss, dass ich nicht so tief in der Materie stecke).
Die Berechnung ist in jedem Fall überzeugender als "Nein, braucht man nicht" ;-)

Danke für deine Mühe!

Onthefly
Beiträge: 937
Registriert: 07.12.2009, 11:55
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 3 Mal

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von Onthefly » 18.04.2015, 17:44

Hallo,
owagner hat geschrieben:8. Wieviele Geräte können an einen Bus?

Per RS485-Spezifikation (und da EQ-3 leider keine Angaben zu den verwendeten Bustreibern macht) maximal 32.
In den Manuals ist eigentlich die max. Anzahl von 127 angegeben.
Ich betreibe selber Installationen mit weit mehr als 32 Modulen an einem Bus :-)

Gruss,
OTF

Benutzeravatar
Grobi4585
Beiträge: 128
Registriert: 05.12.2012, 09:22

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von Grobi4585 » 20.04.2015, 16:29

Hallo...

in diesem Thread gib passen dazu nen Schaltplan...

Benutzeravatar
owagner
(verstorben)
Beiträge: 1193
Registriert: 13.05.2008, 19:49
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von owagner » 20.04.2015, 17:21

Onthefly hat geschrieben:In den Manuals ist eigentlich die max. Anzahl von 127 angegeben.
Danke für den Hinweis, ich habs korrigiert! (Im Dimmer ist laut Schaltbild z.B. ein LT1785-Bustreiber mit 1/4tel Unit-Load, d.h. 32*4=128 sind wirklich zulässig)

Onthefly
Beiträge: 937
Registriert: 07.12.2009, 11:55
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 3 Mal

Re: HM-Wired - Mini-FAQ zu den elektrischen Grundlagen

Beitrag von Onthefly » 23.04.2015, 19:34

Die Zahl 127 stammt aus der Zeit als es die CCU1 noch gab; insgesamt inkl. der CCU1 wären dann tatsächlich 128 Tranaceiver am Bus.

Gruß,
OTF

Antworten

Zurück zu „HomeMatic Tipps & Tricks - keine Fragen!“